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LEBENSSTORYS Wozu brauchst du Polynomdivision in deinem späteren Leben? Gar nicht. Es sei denn du studierst Mathematik oder wirst Architekt oder … Die Liste an Unterrichtsstoff, den du in Zukunft nicht brauchen wirst, scheint wesentlich länger als die mit tatsächlich alltagsgebräuchlichem Wissen. Kein Wunder, dass da die Motivation zu lernen mit den Jahren exponentiell abnimmt. Warum ich trotzdem positiv auf das mir vermittelte Wissen zurückblicke, erfährst du hier.
Die Sinnhaftigkeit der Schule. Ich könnte hier jetzt eine seitenlange Diskussion über die Schwächen unseres Schulsystems halten und alle Schüler Deutschlands dazu aufrufen, endlich aufzustehen und etwas zu ändern (genug Gründe dazu gibt es, also lasst euch – wenn dies euer Standpunkt ist – nicht von mir aufhalten). Doch vielmehr möchte ich mich heute auf die positiven Dinge konzentrieren, die ich persönlich aus den einzelnen Fächern mitgenommen habe. So hoffe ich, auch euch motivieren zu können, den Schulstoff einmal aus einer anderen Perspektive zu sehen.
Tipp: Es ist ja nicht alles sinnlos. Die Bilanz meiner Oberstufe und den Mehrwert des Lernens kannst du hier nachlesen.
Mathematik
Über Mathematik scheiden sich die Geister. Während es für ein paar Schüler nichts Besseres als das Lösen mathematischer Probleme gibt, fällt das Unterrichtsfach einem Großteil noch immer sehr schwer. Doch das muss nicht sein. Ich hatte von Anfang an Spaß an der Mathematik und habe mich immer aufgeregt, wenn jemand sagte: „Eins habe ich in Mathe gelernt: Geht es zu leicht, ist es definitiv falsch.“ Solche Sprüche sind schlichtweg falsch. Mathe folgt klaren logischen Denkweisen und mit etwas Interesse und ein paar Tricks öffnet es für jeden Schüler seine Tore.
Mehr noch: Mathe hilft nachweislich, deine Denkweise zu formen, fördert Disziplin und das Analysieren von (auch nicht-mathematischen) Problemen. Für mich selbst gab es nichts Spannenderes als eine bisher unbekannte Aufgabenstellung im Matheunterricht. Dann ging ich im Kopf alle mir bekannten Lösungsansätze durch, kombinierte sie neu und freute mich unheimlich, wenn ich die Aufgabe ohne Hilfe geschafft hatte.
Ob du es glaubst oder nicht: Mathe begegnet dir auch im Alltag immer wieder. Natürlich wirst du beim Kochen kein Vektorprodukt ausrechnen müssen, um das Gemüse im 90°-Winkel schneiden zu können oder Substitution anwenden, um die Nullstellen des von deinem kleinen Cousin gezeichneten Striches zu berechnen. Doch du könntest die für den Garten deines Opas optimale Beetgröße mithilfe eines Extremalproblems berechnen.
Zugegeben: So wirklich alltagstauglich ist dieses Beispiel für die meisten nicht. Doch es gibt noch wesentliche einfachere Situationen. So solltest du wissen, was ein Rabatt von 50% auf bereits reduzierte Hosen bedeutet. Oder du solltest den Dreisatz anwenden können, wenn du mit einem Rezept für 4 Personen ein Gericht für 6 Personen kochst. Oder aber du erhöhst deine Gewinnchancen beim nächsten Kartenspiel mit einfacher Wahrscheinlichkeitsrechnung … Du siehst: Ob wir es wollen oder nicht, sind wir an jedem einzelnen Tag mit Mathematik konfrontiert.
Sprachen (hier: Deutsch)
Schaue ich mir einige Posts auf den sozialen Netzwerken an, zweifle ich daran, ob manche Menschen überhaupt schon etwas von Rechtschreibung gehört haben. Wenn dort wieder „Sehe dir Folgendes an“ statt „Sieh dir Folgendes an“ steht, kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Versteht mich nicht falsch, ich habe gegen niemanden etwas, der die deutsche Sprache eben ein „wenig anders“ benutzt, doch manchmal frage ich mich: Ist denn gar nichts aus dem Deutschunterricht der unteren Klassen hängengeblieben? Und dann denke ich mir: Vielleicht hätten wir länger die Grammatikregeln üben sollen als irgendwelche Geschichten von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen aus dem Barock zu lesen.
Ich frage mich noch heute: Wollte der Schriftsteller vor 200 Jahren mit dieser Onomatopoesie wirklich genau das ausdrücken, was wir heute im Klassenzimmer hineininterpretieren sollen? Oder ist es nur Zufall, dass er das Wort „zischen“ an genau dieser Stelle verwendet? Wenn es um das Interpretieren von Texten aller Art geht, fehlt ehrlich gesagt auch mir auf den ersten Blick das Verständnis dafür, wie wir so etwas im späteren Leben brauchen können. Vor allem, wenn irgendwann auch der Englischlehrer eine sprachliche Interpretation des Stücks „A Midsummer Night’s Dream“ verlangt.
Doch schenkt man dem Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München Glauben, gehe es in Fächern wie Deutsch oder Englisch vor allem um „die Erweiterung, Differenzierung und Vertiefung der sprachlichen Kompetenz der Schülerinnen und Schüler […] Darüber hinaus leitet der Deutschunterricht an zu Kritikfähigkeit und Selbstreflexion. Er verhilft den Lernenden dazu, Fantasie auszubilden und Problemstellungen kreativ zu lösen.“ (Quelle: https://www.lehrplanplus.bayern.de/fachprofil/textabsatz/44406).
Nun, kreativ wird man bei manchen Gedichtinterpretationen wirklich. Ich erinnere mich an den Spaß, den ich mit meiner besten Freundin hatte, als sie mir erklärte, dass die Häufung der weiblichen Kadenzen in diesem Gedicht ein Stück weit die Emanzipation der Frauen wiederspiegeln könnte. Klingt bescheuert, wurde aber als mögliche Interpretation zugelassen. Und auch der Aspekt der sprachlichen Kompetenz macht Sinn. Rückblickend war es der Deutschunterricht, der mir Grundlagen der Argumentation und Begriffe der gehobeneren Sprache vermittelt hat. Das hat nicht nur meine Ausdrucksfähigkeit verbessert, sondern auch meinen Wortschatz extrem erweitert.
Naturwissenschaften
In den Naturwissenschaften sind es vor allem bestimmte Begriffe, die in meinem Gedächtnis hängengeblieben sind. „Photosynthese“ und „Chlorophyll“ gehören in Biologie dazu, ebenso wie „DNA“ und „RNA“ oder „homo sapiens neanderthalensis“ und „homo sapiens sapiens“. Leider habe ich Biologie schon in der 10. Klasse abgewählt und könnte nur noch das Grundlegende über die Hintergründe dieser Fachbegriffe erzählen. Doch trotzdem glaube ich, durch den jahrelangen Biologieunterricht ein recht weitreichendes Allgemeinwissen erworben zu haben, das ich mir im Alltag immer wieder ins Gedächtnis rufen kann.
Genauso ist es mit Chemie. Es war ein tolles Gefühl, endlich die Prozesse in unseren Stickstoffwerken in Piesteritz verstehen zu können. Oder in die Küche zu schauen und zu wissen, dass Essigessenz aus 25% Essigsäure und Haushaltsessig nur aus 5% Essigsäure besteht. Oder die Bedeutung der Angabe 2,4-Dichlorbenzylalkohol auf der Packung meiner Halstabletten erklären zu können und sich im Klaren zu sein, dass „Alkohole“ im chemischen Sinn eine Stoffgruppe und keine Genussmittel sind. Und ich meine, ist es nicht spannend, zumindest im Ansatz zu wissen, wie wunderbar und komplex das Leben und die Natur im Allgemeinen sind?
Erst neulich habe ich im Fernsehen gehört, dass die derzeit höchsten Bäume der Welt, die nordamerikanischen Mammutbäume, über 100 m hoch werden können; aber nicht höher als 110 m, weil dann das Wasser aufgrund der Gravitation nicht mehr zu den Blättern transportiert werden kann. Ähnliches gilt für das Wachstum der Gebirge. Habt ihr euch noch nie gefragt, warum es keine Berge über 9 km Höhe gibt? Weil das Gestein unter der Oberfläche dem Druck durch die enorme Gebirgsmasse nicht mehr standhalten kann und sich zwangsläufig verflüssigt. Auf dem Mars gilt eine ganz andere Schwerkraft, wodurch man dort den Olympus Mons mit über 26 km Höhe findet …
Ihr seht, ich könnte stundenlang über die wunderbarsten Phänomene in diesem Universum reden und dabei von der Biologie zur Physik, dann zur Geografie und wieder zurück zur Astrophysik schwenken. Erst die Schule hat mich auf diese Zusammenhänge aufmerksam gemacht und mein Interesse geweckt. Und auch wenn Naturwissenschaften nicht euer Ding sind, könnt ihr mir nicht erzählen, dass ihr rein gar keinen Fakt, der in der Schule gelehrt wurde, für interessant befandet und mehr darüber wissen wolltet.
Gesellschaftswissenschaften
Für mich stand von vornherein fest, dass ich kein Geschichts-Abi schreiben würde. Nicht, weil ich zu schlecht darin war (tatsächlich hatte ich mit meinem Geschichtswissen oft im Unterricht punkten können), sondern weil es mir einfach zuviel Lernstoff war. Zuviel Lernstoff für zu einseitige Themen. Klar sollte man als deutscher Schüler etwas über das Dritte Reich und den Kalten Krieg wissen und auch die Parallelen zu heutigen Entwicklungen ziehen können. Schließlich liegt der Hauptzweck vom Sich-mit-der-Vergangenheit-beschäftigen darin, dass man aus der Geschichte lernt und es in der Gegenwart besser macht.
Aber warum drehte sich immer alles um Europa (oder die USA)? Die Europäer haben es in den letzten Jahrhunderten schon oft genug geschafft, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen und die Welt dominieren zu wollen. Warum lernten wir nicht einmal etwas über die Kriegskultur der Maori? Ich hatte in der Zwischenzeit viele historische Romane über Neuseeland gelesen und war mehr als fasziniert von diesem Volk. Und immer wenn ich mir selbst solche Fragen stellte und begann, eigenhändig Geschichtsthemen zu recherchieren, bemerkte ich, dass der Geschichtsunterricht doch etwas in mir bewirkt hatte. Ich ging aufmerksamer durch die Welt und freute mich jedes Mal, wenn ich geschichtliche Zusammenhänge erkannte.
Doch es sind nicht nur die geschichtlichen Zusammenhänge, die meiner heutigen Meinung nach zu einem guten Allgemeinwissen gehören. Wie kann man durch die Welt gehen, ohne sich der sozialen, politischen und kulturellen Vielfalt auf dieser Erde bewusst zu sein? Wie kann man ein „gutes Leben“ führen ohne grundlegende moralische Prinzipien zu kennen und auf diese im Alltag zurückzugreifen? Die Themen in Fächern wie Sozialkunde, Geografie oder Ethik mögen auf den ersten Blick manchmal überflüssig erscheinen, doch sie haben mir in manchen Fällen in gewisser Weise die Augen für unsere Gesellschaft geöffnet.
Musik, Kunst, Sport und Co
Den Mehrwert im Fach Sport zu erkennen, fällt da schon schwieriger. Ich habe mit Sport eigentlich immer zuerst die langen Wege zu den Sporthallen verbunden. Denn wenn wir in den höheren Klassen nicht gerade das Glück hatten, dass die 5 min entfernte Stadthalle frei war, durften wir in der Mittagspause mit Ranzen und Sporttasche 20 min zur Polizeiturnhalle laufen und waren schon bei unserer Ankunft komplett außer Atem. Vor allem für Buskinder wie mich war das nicht immer angenehm. Ein Halbjahr mussten eine Freundin und ich sogar einen 3 km langen Weg zur Elbturnhalle organisieren … Insofern hat der Sportunterricht also meine Fähigkeit zur Zeitplanung verbessert.
Abgesehen von den langen Wegen hat mir der Sportunterricht aber meistens Spaß gemacht. Ich bin nicht unsportlich und konnte mich in verschiedenen Übungen immer wieder selbst herausfordern. Zwar fiel es mir schwer, bei Partner- oder Gruppenübungen nicht am Ende alleine dazustehen, doch so musste auch ich als eher sozial scheuer Mensch zwangsläufig engeren Kontakt zu meinen Mitschülern suchen (was mein Selbstbewusstsein definitiv gestärkt hat).
Kunst habe ich nach der 10. Klasse abgewählt und mich für Musik entschieden. Ich bereue meine Entscheidung nicht. Nach 2 Jahren Crashkurs in Musiktheorie kenne auch ich jetzt endlich die Grundsätze der Notenlehre, die ich vorher nicht gelernt hatte. Unsere Ausflüge in die Musikgeschichte waren teilweise sehr interessant und haben mir einen neuen Blickwinkel auf die Anfänge des Jazz und die Stummfilme des späten 19. Jahrhunderts verschafft. Auf die Interpretation von Kunstliedern hätte ich derweil auch verzichten können, während die Gesangsstücke, die wir vierstimmig als Klasse eingeübt haben, zu den besten Unterrichtsminuten der Oberstufe gehörten. Unvergessen bleibt auch der selbstgeschriebene Schlager „Das Leben tanzt Tango“, zu welchem ich den Text verfassen durfte.
Wie wichtig all das Aufgezählte für mein späteres Leben sein wird, will ich an dieser Stelle gar nicht bewerten. Fakt ist, Musik und Sport haben meinen Schulalltag mehr als bereichert und auch Kunst in den unteren Klassen hat für so manche Ablenkung im stressigen Schulalltag gesorgt. So würde ich im Nachhinein auf kein Schulfach verzichten wollen, auch wenn – zugegebenermaßen – ein Fach über Versicherungen und Steuererklärungen sicherlich greifbarer für die Zukunft gewesen wäre.
Neugierig, was die Zukunft für mich bereithält? Hier erfährst du, was mir in meiner ersten Woche an der Uni Spannendes passiert ist.
Es gibt auch kreisrunde Beete – d = 8 m / 3,14 = 2,55 m
r = d/2 = 2,55 m/2 = 1,27 m
A = 3,14 x 1,27²= 5,10 m²
5,10 m² größer 4 m² !
Ein Kreis ist die Fläche mit dem geringsten Umfang zur Fläche, eine Kugel ein Körper mit der geringsten Oberfläche zum Volumen.
„Dass“
Meine Lehrerin in der Grundschule, Frau Helene Dubro (übrigens Mutter bzw. Schwiegermutter von Peter Dubro und Kurt Hempel) hat mir eine Eselsbrücke beigebracht, die ich mir einzig und allein gemerkt habe:
Ersetze in dem „daß“ enthaltenen Satztteil dieses durch „ob“, Wenn es dann logisch klingt, schreibe daß (heute „dass“ )
Roland